Hola!
Wie gewonnen so zerronnen. Oder auf jeden Fall so ähnlich ;-).
Wie einige von euch mitbekommen haben hatte ich am Dienstag ne sehr nice Session mit rund 10 Stacks down auf NL1k. Ist Standart, ich weiss. Aber trotzdem nerve ich mich darüber, 5 Digits an einem Abend verloren zu haben. Ich hab mich einfach noch nicht an diese (negativen ;-)) Beträge gewöhnt.
Aber es geht nicht ausschliesslich ums Geld. Aufgrund meines progressiven BRM (ähnlich wie das von Paxi hier proklamierte BRM:
http://www.raise.ch/forum/viewtopic.php?t=906), war es nur eine Frage der Zeit.
Das Problem allerdings, war weniger das BRM als ich. Ich habe meine eigenen Regeln nicht befolgt. Ich habe müde, auf semitilt und mit B-Game gespielt. Die Schuld liegt, wie immer im Down, bei einem selbst. Selbsterkenntnis ist, nebst Kritikfähigkeit, wohl einer der absolut wichtigsten Eigenschaften die ein Pokerspieler benötigt. Im Up fühlt man sich als könnte man alles und jeden besiegen. Das kennt ihr bestimmt auch.
Und dann kommts, ich habs schon erwartet, der eine Dienstagabend, an dem man einfach irgendwie die Kontrolle verliert. Ich nerve mich hauptsächlich ab mir selbst. Wie konnte ich so dumm sein? Und vor allem, wie konnte ich so einen blöden, absolut vermeidbaren Fehler begehen?
Die Beantwortungen dieser Fragen scheint nicht einfach. Aber wenn man ein wenig in sich geht findet man die Ursachen. Ein guter, erfolgreicher Pokerspieler muss ausgeglichen sein. Er muss ein super Reallife haben, dann läufts auch im Poker super. In letzter Zeit war das bei mir wohl nicht mehr der Fall. Zu wenig Schlaf, zu viel zocken, vll sogar zu wenig social life. Ich versuche immer aus meinen Fehlern zu lernen. Und ich hoffe, ihr könnt auch von meinen Erfahrungen profitieren. Ich missbrauche jetzt diesen Post halt ein wenig als Psychologieartikel.
Wenn ihr im Down steckt müsst ihr euch überlegen, was IHR bzw was ICH falsch macht/mache. Jeder hat Leaks, darunter vor allem auch psychologische Leaks. Theorie lernen schafft bei den spielerischen Leaks abhilfe, Ausgeglichenheit beseitigt psychologische Leaks.
Wir Pokerspieler sind schon ein sehr eigenes Völkchen. Ich kenne auch hier im Blog einige (mich eingeschlossen), die wohl zuviel spielen. Ihr denkt jetzt vll; ja ihr seid ja auch Winning Player und verdient euch etwas dazu. Aber eigentlich ist Geld nich so bedeutend. Im Leben sowie beim Pokern. Ihr mögt mir jetzt nicht glauben. Klar, Geld schafft Freiheit. Aber es geht im Leben ja auch darum Dinge zu erreichen, die die Persönlichkeit stärken, bei denen man sich selbst verwirklichen kann. Und das ist wohl bei den Wenigsten (nur) das Geld.
Bei Poker sind es meist gesellschaftliche/sportliche Aspekte, die jemanden dazu bringen zu spielen. Spieler die versuchen nur Poker zu spielen (resp. damit beginnen) nur um Geld zu gewinnen scheitern meist.
Tilt ist ein Ausdruck innerer Aggressivität. Es geht nicht um den Bad Beat, sondern um das was man auf diesen Bad Beat projeziert. Ungerechtigkeit, Unfairness und der Gedanke; man sei sowieso immer der einzige, der sie bekomme. Diese Projektion hat nichts mit Poker zu tun. Sie hat mit Gefühlen, die im Alltagsleben entstehen zu tun. Poker wird dann sozusagen als Ventil für diese Gefühle missbraucht (wie beim Sport), man tiltet. Die Lösung von Tilt ist nicht nur die Bekämpfung der Symptome (also sofort aufhören zu spielen), sondern vor allem die Bekämpfung der Ursachen. Wieso ist man so aggressiv? Wieso ist man nicht ausgeglichen?
Poker ist ein Spiel. Spiele sind da um Spass zu haben. Tilt hat keinen Platz beim Poker. Vertiltet man nur einen Stack alle 2k Hands, vernichtet man die Hälfte der Winrate als 5ptbb Winning Player und die gesamte als 2ptbb Winning Player. Aber es geht ja nicht nur um die Winrate. Sondern auch um Zufriedenheit.
Wenn man Poker als einziges Hobby betreibt gibt es die Gefahr einer zu starken Identifikation mit dem Spiel, was aufgrund der Varianz verherend sein kann. Poker ist nunmal swingy, definiert man also seine Persönlichkeit hauptsächlich über Poker wird man zu einer manisch/depressiven Persönlichkeit, die ihre Gefühlslage den jeweiligen Swings anpasst. Das hat wohl jeder Pokerspieler ein wenig, aber nimmt das überhand, wird man wohl kaum wirklich glücklich. Man braucht Stabilisatoren, vor allem als Pokerspieler. Sport und andere Hobby sind da imo am besten geeignet.
So, das ist jetzt ein wenig lang geworden. Ich hoffe ihr könnt vll. etwas daraus mitnehmen, ansonsten oder trotzdem werdet ihr all die Erfahrungen wohl unweigerlich selbst machen ;-).
Ich wollte in diesem Post nicht rumwhinen (bin immer noch >4k up), sondern versuchen ein wenig das auszudrücken, was ich bzgl. Tilt und Poker/Reallife denke.
Ich werde jetzt vorerst wieder die Midstakes (inkl. NL200) grinden um meine gecrushte (online) BR wieder aufzubauen.
Euch viel Spass und denkt ein wenig ans social life! ;-)